Die Poetikdozentur – zum Hintergrund
Poetikdozenturen sind Einladungen an prominente Autorinnen und Autoren, über die eigene Arbeit zu reflektieren und Auskunft zu geben. Auf diese Weise wird ein Dialog zwischen akademischer Theorie und schriftstellerischer Praxis eröffnet, zu dem auch die interessierte Öffentlichkeit eingeladen ist. Die Wuppertaler Poetikdozentur verfolgt als erste Poetikdozentur im deutschsprachigen Raum das Ziel, die Besonderheiten des nicht-literarischen oder auch faktualen Erzählens in den Blick zu nehmen.
Faktuale Erzählungen begegnen uns im Alltag und bei der Lektüre auf Schritt und Tritt. Wir orientieren und verständigen uns in vielen Lebensbereichen mit Hilfe von Erzählungen: im Patientengespräch beim Arzt, in der journalistischen Reportage, im Plädoyer vor Gericht, in der geschichtswissenschaftlichen Darstellung etc. Im Gegensatz zu den Geschichten der fiktionalen Erzählliteratur beziehen sich faktuale Narrationen direkt auf außersprachliche Realität.
Diese »Wirklichkeitserzählungen« sind dabei sowohl konstruktiv als auch referentiell, sie gestalten unsere Wahrnehmungen und Vorstellungen von Realität in erheblichem Maße mit, beziehen sich aber eben auch auf eine intersubjektiv gegebene Wirklichkeit. Dabei sind die Grenzen zwischen fiktionalem und faktualem Erzählen nicht trennscharf zu ziehen – ein Umstand, den sich die Literatur seit jeher produktiv zu Nutze macht.
Jedes Jahr wird im Rahmen der Poetikdozentur für faktuales Erzählen eine herausragende Persönlichkeit in drei öffentlichen Veranstaltungen Einblicke in das eigene Schaffen gewähren sowie Anstöße zum Nach- und Weiterdenken über Wirklichkeitserzählungen geben. Die Relevanz von faktualem Erzählen zu vergegenwärtigen und auch die Herausforderungen, vor denen sie stehen, zu diskutieren, scheint aktuell wichtiger denn je.
Die Poetikdozentur profiliert einen der Forschungsschwerpunkte des Zentrums für Erzählforschung der Bergischen Universität Wuppertal.